architektur



HAUS FÜR NEUE MUSIK

Projekt

Preis der Rudlf Lodders Stiftung Hamburg

Unbebaubar-Bebaubar?
Unbaubar-Baubar?

Das abgebildete Gebäude ist ein bestehender ehemaliger Gasbehälter in Berlin- Kreuzberg. Das Architektur-Projekt (ein "Haus für Neue Musik") ist mit diesem Gebäude und an diesem Ort zwar inhaltlich konzeptionell verwoben, kann aber auch stellvertretend für andere Projekte gelesen werden, die sich mit der Frage der Verbindung von neuer und alter Architektur beschäftigen.
Gerade hier scheint die Bandbreite der Hinderungsgründe besonders gross zu sein.
Im vorliegenden Fall jedoch muss man diesen Hinderungsgründen sogar eine positive, wenn auch tragische Dimension zusprechen.

Dies sichtbar zu machen und die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten alter Industriegebäude anhand eines Beispiels zu zeigen war ein Anliegen.


Der Gasbehälter

wurde 1876 ausserhalb der damaligen Akzisemauer als einer von mehreren in Betrieb genommen. Er diente dem damals modernen Bestreben, die innerhalb der Mauer liegenden Strassen und Plätze zu beleuchten. So war sein Erscheinen Zeichen der Industrialisierung und des Fortschritts.

Bilder der Engelsburg, des Pantheon und französischer Revolutionsarchitektur stellen sich beim Anblick des Gebäudes ein. In Berlin beschäftigte sich Schinkel mit dem Typus der Rundkirchen. Ein Schüler Schinkels erbaute schliesslich den Gasbehälter als Rundbau mit Kuppel.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der Gasbehälter stillgelegt und 1941 durch den Baustab Speer zu einem sogenannten Mutter-Kind-Bunker ausgebaut. Zu dieser Zeit waren bereits viele andere ähnliche Gebäude abgerissen oder zerstört worden.


Der Bunker

füllt den Gasbehälter bis ca. 2,75 m unter der Attika. Der Mauerwerkszylinder ist mit einem Betonzylinder von 1, 8 m Dicke ausgekleidet. Die Bunkerdecke misst 3,0 m, in der Mitte des in 5 Segmente unterteilten Grundrisses befindet sich ein 7,5m breiter Luftschacht.
Seit 1959 wurde der Bunker als Bevorratungslager für Berlin genutzt. Günstige klimatische Verhältnisse im Innern (im Sommer kühl, im Winter frostfrei) machten ihn zu einem idealen Halbkühlhaus.


Das Architekturprojekt

Es ist kein Zufall, dass der Beginn der Industrialisierung mit den Anfängen der Neuen Musik (z. Bsp. im Werk von Gustav Mahler) zusammenfällt. Atonalität, Kontrapunktik, Seriellität, Disharmonik usw. sind Elemente sowohl Neuer Musik, als auch moderner Industrie- Klangwelten. Insofern repräsentiert der Gasbehälter den Beginn des modernen Industriezeitalters, das Architekturprojekt seine Genese.


Epilog

Unbaubar - das hat in diesem Fall zwei Gründe:

1. die nicht abzutragenden Betonmassen des Bunkers
2. die überwiegende Zahl annähernd identischer Gasbehälter wurde inzwischen abgerissen.

Wenn nicht die Betonmassen den Erhalt bis heute gesichert hätten, dann wäre ach dieser letzte Gasbehälter in den 70er Jahren wegen eines Strassenbauprojektes (die Autogerechte Stadt) bereits verschwunden.


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